Die Leiter wird vorsichtig an die Nisthilfe gelehnt, die weit oben im Giebel des Dachbodens vor dem gemauerten Halbrund – dem sogenannten „Eulenloch“ – angebracht ist. Es geht die Leiter hinauf, noch ist kein Kratzen zu hören, aber das muss nichts bedeuten. Doch nach dem Öffnen der Rückwand stellt sich die Erkenntnis ein, dass auch in diesem Schleiereulenkasten keine Eule brütet. Wenige Gewölle liegen im Kasten, allenfalls ein paar Federn zeugen von der Brut des vergangenen Jahres.
Viele der wuchtigen Nistkästen sind in diesem Jahr leer geblieben. Dabei war bereits das Jahr 2010 kein gutes Schleiereulenjahr, wie Nick Büscher, 1. Vorsitzender der NABU-Gruppe Rinteln weiß: „Insbesondere der lange Winter mit der anhaltenden Schneedecke hatte den Schleiereulen arg zugesetzt, so dass die Brutzahlen im vergangenen Jahr bereits rückläufig waren.“ Und auch der diesjährige Winter war für die Tyto Alba eine Herausforderung: Schleiereulen geraten in große Not, wenn die relativ standorttreuen Vögel bei dichter Schneedecke über längere Zeit keine Mäuse mehr finden. „Bedauerlicherweise ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben, dass die Schleiereulenbruten in diesem Jahr umso drastischer zurückgegangen sind“, so Büscher weiter.
Seit vielen Jahren führt der Naturschutzbund die turnusmäßige Zählung der Schleiereulenbruten in den fast 50 Nisthilfen in und um Rinteln durch, die Wilhelm Peters für das Internationale Greifvogelmonitoring zur Verfügung gestellt werden. Dieses Monitoring liefert wichtige Erkenntnisse über die Bestands- und Brutentwicklung, um gezielt Artenschutzmaßnahmen einleiten zu können. Und auch in diesem Jahr sind es besonders die Turmfalken, welche die Nisthilfen für sich entdeckt haben: „Wir haben in diesem Jahr erneut überdurchschnittlich viele Turmfalkenbruten in unseren Schleiereulenkästen“, wie Büscher erläutert. Nach der Brutkontrolle 2011 zeigt sich, dass die Turmfalken zahlenmäßig die Sieger der diesjährigen Brutperiode sind: Es wurden magere 3 Schleiereulenbruten mit 9 Jungtieren gezählt, denen 8 Turmfalkenbruten mit 34 Jungen gegenüberstehen. „Das ist bei den Schleiereulen ein Negativrekord und das schlechteste Eulenjahr seit mindestens 2003“, fasst Büscher zusammen.
Es ist höchste Zeit, der Schleiereule vor dem nächsten Winter unter die Flügel zu greifen: Die Rintelner Naturschützer rufen insbesondere Landwirte und Scheunenbesitzer dazu auf, ihre Gebäude für die Schleiereule im Winter zu öffnen. Der Grund ist denkbar einfach: Der ‚Kulturfolger‘ Schleiereule benötigt bei anhaltender Schneedecke insbesondere Kirchtürme, Scheunen und Stallungen zur Mäusejagd. Da vielerorts Gebäude verschlossen werden, ist der heimischen Eule der Zugang und somit die möglicherweise einzige Nahrungsquelle verwehrt. „Gezielte Unterstützung kann dazu beitragen, dass unsere Schleiereule besser über den nächsten Winter kommt“, appelliert Büscher. Nur kontinuierlichen Artenschutzmaßnahmen sei es bisher zu verdanken, dass die Schleiereulenbestände nicht gänzlich eingebrochen sind.